Berghotel Steingletscher | © Alexander Reiner

Ausbildung ? – Ausbildung !

02.05.2023

Die Voraussetzungen konnten besser nicht sein: tolles Basecamp „Alpincenter Sustenpass“, eine klasse und hochmotivierte Truppe, einzigartige Bergwelt und doch noch etwas Schnee.

Wir trafen uns Mitte April für geplante 5 Tage zu zehnt, um gemeinsam am Sustenpass einen Skihochtourenkurs zu bestreiten.

Wir mussten nur noch mit dem Wetter Glück haben – aber das Wetterglück war uns leider nicht hold. Schon am ersten Nachmittag kam die erste dicke Kaltfront mit Nebel, dichtem Schneefall und Wind, so dass wir die ersten Lerneinheiten (Materialcheck, Knotenkunde und Lawinenkunde incl. Tourenplanung) spontan in die gemütliche Gaststube verlegten. Über Nacht zeigte der Lawinenlagebericht schon eine „3+“ an und es gab schon die ersten mittleren Lawinenabgänge, die dann die Passstraße blockierten.  Am Morgen zogen wir dann mit „angezogener Handbremse“ durch`s Gelände mit großem Abstand zu den seitlichen Hängen und diskutierten das Lawinenmantra rauf und runter. Ein nachmittägliches Zwischenhoch ermöglichte uns viele Übungseinheiten wie Durchquerung eines Baches, Gehen und Abfahren am Seil, Spaltenbergung mit loser Rolle und Mannschaftszug.

Für den nächsten Tag war die nächste Kaltfront mit wieder einen guten halben Meter Neuschnee angesagt – mit Erhöhung der Lawinenstufe auf „4-„. Somit mussten wir die Tierberglihütte und das Sustenhorn komplett abschreiben und beschlossen den Kurs vorzeitig zu beenden. Zuvor übten wir noch intensiv die Selbstrettung aus der Spalte bzw. am Balkon und die Überwindung des Spaltenrandes zuerst via „Old Fashion“ mit Prusik und danach mit dem „Neuen Zeug“ mit Mikro Traction und Basic-Seilklemme. Selbst die „Alten“ mussten nach der dritten Spaltenbergung eingestehen, dass die bekannten Prusikschlingen nicht mehr ganz „state of the art“ sind.

Die Ausbildung in Theorie und Praxis und die Routine im Umgang mit Stresssituationen sind wichtiger denn je. Immer mehr Menschen gehen sommers wie winters ins Gebirge und man muss doch immer wieder von Unfällen, spektakulären Rettungen aber auch von Todesfällen lesen. Und deshalb kann man nie zuviel in Ausbildung und Gefahrenprävention investieren.

Das beste Beispiel gibt uns der Artikel über einen Lawinenunfall in der letzten Ausgabe „Berg und Steigen“: Der Bergführer löst die Lawinen selbst aus und wird tief verschüttet bei schlechter Atemhöhle. Warum überlebt er? Nur deshalb, weil er mit seinen Teilnehmern:innen am Tag zuvor die LVS Suche intensiv geübt hatte – nach 19 Minuten hatte seine Truppe ihn ausgegraben und ihm das Leben gerettet.

Alexander Reiner und Wolfgang Leiner