Seil | © Sport in Augsburg

Klettern – Medizin für Körper und Seele

Klettern – Medizin für Körper und Seele

Parkinson und klettern – geht das überhaupt?
Irgendwie kann ich mir das nicht wirklich vorstellen. Dennoch hat ein Kletterartikel meine Neugierde geweckt. Kurz recherchiert und Kontakt aufgenommen – schon werde ich zum Schnuppern eingeladen.

Ich betrete das erste Mal eine Kletterhalle und bin überwältigt – von der Höhe der Kletterwände, den Überhängen, einigen der Natur nachempfundenen Felswänden und dem dadurch entstehenden Outdoor-Feeling. Es herrscht buntes Treiben auf der vertikalen Spielwiese.

Und dann ist es soweit, nach einer ausführlichen Einweisung, Anlegen des Sicherungsgurts, Knotenbinden und abschließend dem Partnercheck, versuche ich nun meine erste Route!
Äußerst konzentriert nutze ich jeden Griff und jeden Tritt. Bin froh um jeden Hinweis, der von unten kommt. Meine volle Aufmerksamkeit gilt der Kletterwand. Eine gewisse Unsicherheit kommt auf! Ob mich meine Sicherungspartnerin auch wirklich hält?

Und dann bin ich oben! Und nun? Ich muss loslassen, um abgelassen zu werden.
Ein Gefühl des Ausgeliefertseins und der Angst überkommt mich. Es fällt mir schwer mich darauf einzulassen. Ich hänge im Seil, als ob ich gerade notgelandet wäre! Aber es gelingt!
Ein unbeschreibliches Gefühl überkommt mich, als ich wieder Boden unter den Füßen habe.

Voller Stolz blicke ich auf „meine“ Route und gehe sie in Gedanken noch einmal ab. Kaum zu glauben, soweit oben war ich? „Das hast du gemacht“! werde ich gelobt. Euphorie macht sich breit. 

Ich klettere nunmehr seit drei Jahren regelmäßig zwei bis drei Stunden pro Woche.
Habe Sichern und Vorsteigen gelernt und eine entsprechende Prüfung abgelegt.
Während des Kletterns gibt es nichts anderes um mich herum – kein Gedankenkreisen um Parkinson – nichts! Parkinson ist ausgeblendet. Meine Aufmerksamkeit und Konzentration gilt alleine dem Klettern und der richtigen Griff- und Trittabfolge.

Das ist einerseits anstrengend, andererseits aber auch mental entlastend. Parkinson bleibt unten! Der Klettervirus hat mich voll erwischt! Und das Ergebnis lässt sich sehen: Meine Ausdauer, Koordination und Konzentration haben sich erheblich verbessert. Außerdem Muskeln und Beweglichkeit gestärkt. Sogar meine Physiotherapeutin bestätigt mir eine signifikante Verbesserung des Gleichgewichts, Körperhaltung und Körperspannung.

Ich fühle mich rundum lebendig! Nach dem Klettern sind meine Arme müde, aber der Geist ist frisch. Zwischenzeitlich habe ich auch meinen Mann und eine Freundin infiziert. Aber das Beste am Klettern – außer dem Spaß und der Begeisterung ist: 

Parkinson ist weg! Alles, was das Leben ausmacht ist da!

Wie wertvoll Klettern für mich ist und wie sehr es mir fehlen würde, machte sich besonders während der Corona-bedingten Zwangspause bemerkbar.