„Die Touren in die Gebirgsgruppen Mangart, Wischberg, Montasch und Kanin sind leicht erreichbar. Jeder dieser Gipfel bietet ein großes Panorama mit viel Tiefe rundum und einen weiten Horizont, von den Dolomiten über die Hohen Tauern und die Bergketten Kärntens bis zum Triglav, dem höchsten der Julischen. Die leichten bis mittel schwierigen Klettersteige sind auch für Einsteiger mit guter Kondition geeignet.“
So war die Tour unter Leitung von Franz Kobold angekündigt und meine eigene Einschätzung als Klettersteigeinsteiger mit ganz ordentlicher Kondition hätte wohl auch gepasst, wenn….
Ja wenn das Wetter uns nicht immer wieder einen Strich durch diese Planung gemacht hätte.
Am Anreisetag konnten wir in Tarvisio bei schönem Sonnenschein noch Eis und Sprizz genießen und ich freute mich sehr auf die kommenden Tage, da ich auf die Gegend durch Erzählungen schon sehr neugierig war. Die Unterkunft war strategisch wunderbar gelegen und wir hatten im Hotel einen eigenen Flügel mit unseren Zimmern, die wunderbar für Wanderer und Radler geeignet sind, wenn halt der Lattenrost genügend Latten gehabt hätte – gell Maria?
Mit der schönen Aussicht war es am Donnerstag leider erst mal nichts. Und mit dem Satz: „Hohe Bewölkung ist gut – da sieht man besser“ und „die Gewitterwolken von da drüben dürfen halt nicht kommen“ wagten wir die Besteigung des Montasch. Die geplante Route:
Montasch (2753m) Via Findenegg (Kletterroute II): Sella Nevea (1172 m) – Altipianol (1502m) – Via Findenegg (Kletterroute, überwiegend I, Schlüsselstelle II+) – Forca dei Disteis (2241m) –Große Band (Grande Cengia) (2430m).
Und dann kamen die Gewitterwolken und ein mords Regenschauer einfach doch in hoher Geschwindigkeit und zwangen uns, unter einen Felsvorsprung zum Abwettern, Brotzeit und dann wegen Zeitmangel zur Umkehr. Vielleicht auch ein Glück, da der erste Steig nicht mehr so ganz in Ordnung war und das Drahtseil in den Felsen lag. Leider war dann die von Franz versprochene Hütte zur Einkehr geschlossen. Aber wir lernten dazu und die Öffnungszeiten aller infrage kommenden Hütten wurden für die zukünftigen Tage in der Touristinfo gecheckt.
Gleich an diesem Tag stellte sich heraus, dass unsere Gruppe unterschiedliche Erwartungen und Klettersteigerfahrungen mitbrachte, was aber bei der abendlichen Restaurantauswahl und der guten Qualität von Essen und Wein wieder relativ war.
Freitag: wir sehen nichts außer Wolken, Nebel und sehr viel Regen. Also war nach dem Frühstück erst mal Abwettern und Plan B überlegen angesagt. Die Besteigung des Kanin musste verschoben werden und dafür gab es die Idee, den M.Te Ojsternig (2050 m), ohne Klettersteiggepäck, aber mit Regenkleidung anzupeilen, mit der Möglichkeit einer Hütteneinkehr im Rifugio Nordio-Deffar(1435 m). Merkt Euch diesen Hüttennamen! Wunderbares Hüttenessen mit Übernachtungsmöglichkeit und super für Schneeschuh- und Skitouren! Das Wetter ließ dann leider nur den Aussichtspunkt zur Grenze Kärnten (~1600 m) zu und anschließend ein ausgedehntes Hüttenessen im Rifugio, während eine Kleingruppe von uns sich dennoch zum Ojsternig aufmachte. Glücklich, sich ein bisschen ausgepowert zu haben, konnten sie aber nur von vielen Wolken und Pilzen berichten.
Nach dem Abhängen und Zeit totschlagen im Refugio waren wir dann doch ziemlich frustriert und Maria und ich machten uns anschließend noch auf zur Orrido dello Slizza, einer imposanten natürlichen Flussschlucht mit Fußsteg und Blick auf die schroffen Felsen und das normalerweise klare Wasser. Empfehlenswerte kleine Tour, vor allem im Hochsommer, da es dort auch tolle Badebuchten gibt!
Samstag: Neuer Tag, neues Glück und die Hoffnung, den Tag ohne Regenkleidung zu verbringen, jedoch mit dem leichten Frust vieler, dass die ganzen geplanten Klettersteige ausfielen. Franz hatte die Tour auf den Kanin (2587m) ausgearbeitet, wobei es von vorneherein klar war, dass wir uns beeilen und ggf. abkürzen müssen, da die Wetterprognose wieder „Gewitter“ bedeutete. Angekommen an der Bergstation Sella Nevea neben dem hübschen Rifugio Gilberti teilte sich unsere Gruppe nach kurzer Zeit in drei Kleingruppen auf, die das Highlight des Einstiegs in das atemberaubende und spektakuläre Felsenfenster Presteljenik (2298m) zu unterschiedlichen Zeitpunkten erreichten. Die Tour führte über den Slowenischen Höhenweg – Via Annello delle Giulie bis zum Monte Ursic (2543m), den Linda auf den Namen Monte „Kaninchen“ taufte, da wir den großen „Kanin“ nur in Sicht hatten und uns das aufziehende Gewitter zur Umkehr zwang. Ein Teil der Gruppe wanderte dann ins Tal und der andere Teil nutzte die bereits bezahlte Talfahrt der Bergbahn, so dass wir uns dann alle trocken zum Cappuccino wieder trafen und unsere Erlebnisse austauschen konnten, während um uns herum der Regen nur so prasselte. Eine wirklich tolle Tour mit tollen Ausblicken, spektakulärer Landschaft und schönen Kraxelstellen – auch wenn der Klettersteig leider fehlte.
Eine tägliche Challenge beim abendlichen Pizzaessen im Restaurant war, wer die letzte Person ist, um die Rechnung zu bezahlen. Jedes Mal blieb ein Restbetrag übrig, ob Wein, Wasser oder Coperto was zu viel auf der Rechnung stand und es meistens unseren Franz traf. Einmal wurde uns sogar mit der Polizei gedroht! Das wurde täglich zum neuen Gesprächsthema mit vielen neuen Vermutungen über mafiöse Verstrickungen der örtlichen Lokalitäten. Nett war immer der abendliche Endspurt zur Kasse, bei dem sich Alois besonders anstrengte, einen der ersten Plätze zu belegen J. Am letzten Abend setzte sich dann Franz erfolgreich dafür ein, dass wenn wir 1 Liter Rotwein bezahlen, diesen tatsächlich auch bekommen! Eigentlich ein normaler Vorgang, aber möglicherweise sind die Einheiten dort nicht soo eindeutig, denn das Personal des Lokals versuchte uns immer wieder zu überzeugen, dass in der 0,75 Liter-Flasche ein Liter drin wäre. Franz hat dann die Beweisführung erfolgreich gewonnen!
Sonntag – letzter Tag mit vollem Programm, dem ein diskussionsreicher Abend über das Ausmaß der Tour voraus ging, weil im Anschluss die Rückfahrt nach Augsburg bevor stand. Endlich ein sonniger Tag, an dem der ursprünglich geplante Gipfel dann auch das tatsächlich erreichte Ziel war. Den Mangart (2.677m) erreichten wir über den Normalweg über den Mangartsattel, eine insgesamt etwa 5-stündige Wanderung mit ca. 800 hm. Die Hälfte der Gruppe genoss eine atemberaubende Aussicht mit tollem Gipfelerlebnis, während die andere Hälfte sich bereits auf der Rückfahrt befand. Dieser Gipfel bot uns, auch wenn wir den Klettersteig ausließen, abwechslungsreiche Kraxelstellen und belohnte uns für ein paar Tage voller Kompromisse. Danke Franz für die Tourplanung und Umplanungen – für das Wetter kannst Du ja nichts. Aber für alle, die sich für diese Gegend interessieren, kann ich die Touren bei schönem Wetter nur empfehlen.
Text u. Bilder:Elke Benndorf-Haas